
Ich kann´s noch gar nicht ganz glauben - am Sonntag bin ich in Bratislava Europameisterin im Kanu-Freestyle geworden - Ich bin überwältigt! :)
Doch erstmal von Beginn: Als bekannt wurde, dass die nächste Europameisterschaft in Cunovo bei Bratislava in der Slowakei stattfinden wird war ich wenig begeistert. Die vorletzte EM vor vier Jahren hatte bereits dort stattgefunden und ich mochte die Walze überhaupt nicht. Ich beendete die EM damals als 16. Als amtierende Vize-Europameisterin bei der Heim-EM in Plattling vor zwei Jahren hatte ich wenig Lust das diesjährige EM-Battle am Ort der Niederlage von vor vier Jahren auszutragen.

Da ich die Walze als extrem ungleichmäßig und pulsierend in Erinnerung hatte fuhr ich vor drei Wochen extra für eine Trainingswoche nach Cunovo um mich einzupaddeln. Die Walze war jeden Tag anders eingestellt: Mal schlecht und mal noch schlechter. Teilweise machte die Walze komplett auf und man wurde einfach rausgeflusht. Ich verlor langsam den Glauben in meine Fähigkeiten und hatte noch weniger Lust auf die bevorstehende EM. Gegen Ende der ersten Trainingswoche gelangen mir dann ab und zu ein paar gute Läufe. Leider immer noch ziemlich unkonstant, da die Walze sich ständig änderte. Mit gemischten Gefühlen trat ich den Heimweg an.

Die EM rückte näher und ich machte mich zur Finalen Trainingswoche auf den Weg nach Bratislava. Die Walze hatte sich immer noch nicht verbessert und vor Ort schien es wenige Paddler zu geben, die die Walze mochten. Zudem wurde das Training deutlich durch herunterfahrende Rafts, Slalompaddler und Schwimmer behindert. Meine Läufe wurden nicht besser - teilweise gelang es mir einige Moves in einen Lauf zu packen, danach folgten dann wieder etlich Null-Läufe. Ich war ratlos.

Die Tage vergingen und mehr und mehr Paddler aus ganz Europa trafen am Wildwasserkanal ein. Training bedeutete stundenlanges anstehen an der Walze. Lediglich in den frühen Morgenstunden sowie spät am Abend konnte man noch halbwegs passabel Paddeln. Danke an dieser Stelle an Philip Josef, Helmut Wolff, Isabelle Völkel und Carolin Mayer für all die Early Bird Sessions! Am Mittwochabend war es dann soweit: Die Eröffnungsfeier der Europameisterschaft stand bevor. Also rein ins Team-Outfit, Bilder schießen und nach Bratislava Downtown für die große Show!

Zu allem Überfluß bahnte sich jetzt auch noch eine Erkältung an. Halsweh, Schnupfen, Heißerkeit und Husten. Zum Glück waren die K1 Damen am ersten Wettkampftag nicht dran und ich konnte mich noch etwas erholen. Doch schon am nächsten Morgen ging´s dann los mit den Vorläufen. Ich war im letzten Heat dran. Da ich die Läufe meiner Konkurrentinnen mit Spannung verfolgt hatte und einige der Damen tolle hochbepunktete Läufe gezeigt hatten ging ich ziemlich nervös an den Start. Ich fühlte mich nicht besonders wohl in der Walze, flushte und bekam meine Moves nicht besonders gut hin. Nach meinem zweiten Lauf bangte ich bereits ob ich es überhaupt in die nächste Runde schaffen würde. Kurze Zeit später konnte ich aufatmen - ich hatte mich auf Platz sieben für´s Halbfinale der Top 10 qualifiziert.

Am nächsten Tag erwartete mich das Halbfinale. Ich war im ersten von zwei Heats dran. Mir war klar, dass ich einen deutlich besseren Lauf zeigen musste als in meinen Vorläufen um ins Finale der besten fünf vorzurücken. Die Top 5 Scores der Damen Vorläufe lagen bei über 417 Punkten. Die Walze sah anders aus - etwas weniger pulsierend, gleichmäßiger - es war weniger Wasser, vermutlich würde man den Boden beim einspitzeln leichter berühren. Ich konzentrierte mich und versuchte meine Nervosität in den Griff zu bekommen. Mein erster Lauf gelang mir ziemlich gut und ich bekam 550 Punkte dafür. Jetzt hieß es abwarten und hoffen, dass maximal vier der anderen Damen höher punkteten als ich. 45 min später konnte ich aufatmen. Ich hatte mich als zweite für´s Finale qualifiziert. Lediglich Zosia Tula aus Polen hatte einen besseren Lauf als ich.

Finaltag: Um 14 Uhr war ich dran. Am Vormittag noch schnell bei den Juniorinnen und C1 anfeuern und mitfiebern - Isabelle Völkel holt sich die Silbermedaille, Carolin Mayer vierte, Philip Josef fünfter - abkühlen im See, eine Kleinigkeit essen - nicht zu viel, leichtverdaulich - Kaffee zum wach werden oder nein, besser nicht zum ruhig bleiben?
Um 13 Uhr zog ich mich um und startete mein warm-up. Meine Flachwasser Moves liefen gut und ich hatte ein gutes Gefühl. Mist zu früh dran - ich paddelte zum Spot und bekam gerade noch das Ende des Junioren Finales mit. Die Walze sah ähnlich aus wie am Tag zuvor. Wieder einsteigen, letztes Warm-up, Konzentration, Nina Csonkova zuerst, dann Marlène Devillez, dann Islay Crosbie - alle sehen gut aus. Jetzt bin ich dran. Ich bin nervös, mein Lauf klappt nicht wie geplant, da ertönt auch schon der Buzzer - mist, nur 303 Punkte. Zurück ins Kehrwasser - Zosia Tula ist dran, dann gehts wieder von vorne los. Nina, Marlène, Islay - alle verbessern ihren Score, Top 3 jetzt über 530 Punkte. Ich bin dran - schwierig 530 Punkte zu schlagen, ich hatte erst 1x im Wettkampf mehr Punkte. Ich fahre in die Walze, wieder will mir der Lauf nicht so richtig gelingen - 370 Punkte, ich bleibe auf Platz 5. Zosia Tula ist wieder dran und verbessert ihre Punktzahl - jetzt stehen die Top 3 schon bei über 546 Punkten.

Nina, Marlène und Islay verbessern ihre Punkte nicht. Ich brauche in meinem letzten Finallauf mehr als 546 Punkte um eine Medaille zu holen. Ich muss auf´s Ganze gehen - Laufplanänderung -
AirLoop, beide Mc Nastys, beide Space Godzillas, danach Cartwheels, Splitwheel, Felix und Phoenix Monkey - was noch geht. Ich bin dran - Alles oder Nichts! Jetzt! Loop - Mc Nasty - mist klappt
nicht - neu ansetzen und Vollgas! - jetzt läuft´s ich mache einen Move nach dem anderen und am Ende gelingt mir sogar noch der Phonix. Ich bin glücklich, der Lauf hat funktioniert und sollte doch
reichen - oder? Warten... die Judges zählen die Punkte, warten... ich stehe mit Marlène im Kehrwasser, sie ist sich sicher - ich habe eine Medaille - ich will es noch nicht glauben. Marlène führt
bisher mit 700 Punkten, wir warten - es dauert gefühlt eine Ewigkeit. Endlich der Sprecher sagt meine Punkte ich - ich habe es geschafft - ich habe 760 Punkte bekommen und liege damit auf Platz
1! Ich kann es nicht glauben! Zosia Tula ist als letzte Paddlerin mit ihrem letzten Lauf dran, Marlène und ich verfolgen ihn gespannt, wir rechnen die Punkte mit, der Buzzer ertönt, wir glauben
sie hat uns nicht geschlagen, wir warten auf die Judges... Der Sprecher sagt die Punkte durch und gibt das Ergebnis durch - Nina fünfte, Islay vierte, Zosia holt Bronze, Marlène Silber und ich
... bin Europameisterin 2018!!! :-)
Ich bin überwältigt und kann es nicht fassen - und das an diesem Spot!
Danke Helmut Wolff für´s permanente Motivieren und vor allem für´s an meine Fähigkeiten auch in Cunovo Glauben! ;-)